Wohnungsbau der Stadt und die Stadt als Vermieterin

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

folgenden Antrag bitte ich für meine Fraktion auf die Tagesordnung der nächsten Stadtratssitzung zu nehmen.

Antrag: Der Wohnungsbau und die Vermietung von Wohnungen durch die Stadt Landau, Eigenbetriebe oder in anderer Rechtsform, erfolgt zukünftig nach vom Stadtrat beschlossenen Prinzipien:

Eigene Bautätigkeit:

  • Mindestens 40% der entstehenden Wohnfläche wird als sozial geförderter Mietwohnungsbau realisiert. Die Hälfte davon für Geringverdiener.
  • Alle übrigen Wohneinheiten sollen als Wohngemeinschafts- und Familienwohnungen realisiert werden. Küchen werden als mögliche Gemeinschaftsräume geplant, Tageslichtbäder und mindestens vier weitere Räume sind der Mindeststandard. Die Kaltmiete dieser übrigen Wohneinheiten übersteigt nicht 10 Euro pro m².
  • In allen durch den städtischen Wohnungsbau errichteten Gebäuden sind die Erdgeschosswohnungen barrierefrei, die übrigen zumindest barrierearm zu realisieren.
  • Die Wohnungsbaugesellschaft beteiligt sich bei Bedarf an Baugruppen, um die Sozialwohnungsquote innerhalb des Projekts für diese zu realisieren.
  • Der KFW40-Standard wird nicht unterschritten.

Vermieterin:

  • Alle Wohnungen werden ausschließlich an Menschen mit Wohnberechtigungsschein vergeben.
  • Zur Beratung von Mietern und zur Vermittlung von Unterstützungs- und Beratungsangeboten wird eine Stelle „Sozialberatung“ innerhalb der Wohnungsbaugesellschaft geschaffen.
  • Nebenkosten werden nicht pauschal abgerechnet.
  • Nach energetischen Sanierungen wird die Kaltmiete bei nicht gebundenen Wohnungen um die prognostiziert eingesparten Heizkosten erhöht.
  • Bei Wohngemeinschaftswohnungen wird eine Grundausstattung an Küche, Waschmaschine und Internet gestellt.
  • In Wohngemeinschaftswohnungen wird Zimmer für Zimmer vermietet. Eine Wohngemeinschaft erhält drei Monate nach Kündigung des Mietvertrages durch einen Mieter der WG, um selbst einen Nachmieter zu suchen. Sollte dies nicht gelingen, übernimmt die Wohnungsbaugesellschaft diese Aufgabe. g. Es werden Anreize geschaffen, um innerhalb der Gesellschaft in eine passendere Wohnung umzuziehen

Dienstleister: Strukturen werden geschaffen, um die von Bauträgern und Investoren realisierten sozial geförderten Wohnungen gegen eine Gebühr verwalten zu können. 

Investitionsmöglichkeiten: Für Landauerinnen und Landauer werden Investitionsmöglichkeiten geschaffen. 

Begründung: Über der Hälfte der Bevölkerung ist angewiesen auf Mietwohnungen. Das betrifft Menschen mit geringem Einkommen, Studierende, Auszubildende, Arbeitssuchende und Asylbewerber, von Altersarmut betroffene Rentnerinnen und Rentner, aber auch weite Teile der Mittelschicht, die sich selbst in Baugruppen bei niedrigen Grundstückspreisen kein Wohneigentum leisten können oder noch nicht wissen, wie groß ihre Familie wird. Für all diese Gruppen ist es auf Jahrzehnte hinaus wichtig, Mietwohnungen zu schaffen, die nicht nach 20 Jahren als Eigentumswohnungen verkauft werden. Es braucht aber auch einen Vermieter, der völlig vorurteilsfrei mit Menschen mit Beeinträchtigungen, mit SchufaEintrag, mit Leistungsbeziehern nach SGB II und XII oder Asylbewerbern umgeht. Darüber hinaus gibt es Angebotslücken, wie zum Beispiel für Wohngemeinschaften oder Familien mit mehr als zwei Kindern, die der Markt nicht schließt. Deshalb braucht es neben vielen anderen Maßnahmen auch städtischen Wohnungsbau.

Nachhaltige Wohnungsbaugesellschaft braucht für Weiterbau Einnahmen

Wir wollen als grüne Stadtratsfraktion eine Wohnungsbaugesellschaft, die dieser Herausforderung gewachsen ist. Sie soll auch nach einer ersten Aufbauphase mit zusätzlichem Kapital in der Lage sein, Jahr für Jahr mehr Wohnungen zu errichten. Dafür ist es wichtig, dass neben sozial geförderten Mietwohnungen mit unseren Mitteln auch Wohnungen errichtet werden, die in der Gesamtbilanz der Wohnungsbaugesellschaft all das ermöglichen, die also eine höhere Mieteinnahme als bei sozial geförderten Wohnungen einbringen. Diese „freien“ Wohnungen wollen wir begrenzen auf maximal 10 Euro pro m² kalt, sie jedoch wie alle unsere Wohnungen nur an Menschen mit Wohnberechtigungsschein vermieten.

Lückenschluss im Angebot und Standards

Im Neubau soll ein höherer Anteil als sozial geförderter Mietwohnungsbau errichtet werden, als wir das Investoren oder Baugruppen auferlegen möchten, wobei die Hälfte exklusiv Menschen mit geringem Einkommen zur Verfügung stehen sollen. In Landau ist es von besonderer Problematik Wohnungen für Familien mit mehr als zwei Kindern zu finden, auch wenn diese Zielgruppe im Gesamtbedarf relativ klein sein mag. Deshalb wollen wir flexible Wohnungen, die auch für Familien mit fünf oder mehr Personen aber auch für Wohngemeinschaften geeignet sind. Wichtig dafür sind neben mindestens vier Zimmern und Standards wie Tageslichtbädern auch geräumige Küchen, die als Gemeinschaftsraum genutzt werden können. Solche Aspekte sind ebenso bei Neubauten leichter zu berücksichtigen wie die Barrierefreiheit von Erdgeschosswohnungen und die Einhaltung des KFW40-Standards, um für Mieterinnen und Mieter langfristig die Nebenkosten niedrig zu halten.

Wohnungsbaugesellschaft als Unterstützer und Dienstleister für Baugemeinschaften

Da aber selbst bei einer perfekten Ausgangslage und erheblichen Finanzmitteln eine städtische Wohnungsbaugesellschaft kaum in der Lage wäre, das Wohnraumproblem unserer Stadt zu lösen, halten wir es als Grüne für geboten, preissenkenden Baugruppen weit größere Anteile an zukünftigen Quartieren zuzugestehen, diese dann aber wiederum beim sozial geförderten Mietwohnungsbau in die Pflicht zu nehmen. Manche werden das als Möglichkeit der Altersvorsorge selbst stemmen wollen, für andere jedoch sollte die Wohnungsbaugesellschaft bereitstehen, um für diese als Teil der Baugruppe den geförderten Mietwohnungsbau zu realisieren. Und während Baugenossenschaften mit der Verwaltung gemeinschaftlich errichteter geförderter Mietwohnungen keine grundsätzlichen Probleme haben, stellt sich dies für manche Bauträger, Investoren und Baugruppen anders dar, weshalb wir hier als Dienstleister auftreten können sollten, der die Verwaltung der Mietwohnungen für Dritte gegen Gebühr übernimmt.

Sozialberatung, Energiesparen, Wohngemeinschaften, Ausstattung

Neben der Voraussetzung des Wohnberechtigungsscheins sollten wir auch als Vermieter gewissen Prinzipien folgen. Eine Sozialberatung als erste Anlaufstelle zur Betreuung und Unterstützung der Mieterinnen und Mieter erweist sich in vielen anderen Städten bei Wohnungsbaugesellschaften als sinnvolle Investition und auch Entlastung kommunaler Ämter. Die genaue statt pauschaler Abrechnung von Nebenkosten fördert energiesparendes Verhalten, und die Möglichkeit für eine Wohngemeinschaft, sich selbst Mitbewohner suchen zu können, ist für diese Wohnform sogar noch wichtiger als die Grundausstattung mit Küche, Waschmaschine und Internet. Und wenn einmal die Kinder aus der Wohnung sind, können die Übernahme der Umzugskosten oder auch das Erlassen mehrerer Kaltmieten sowie die Bereitstellung einer Wohnung passender Größe dafür sorgen, dass Mieter weniger Miete zahlen und die Gesellschaft die große Wohnung wieder an eine Familie vergeben kann.

Investitionsmöglichkeiten für Landauerinnen und Landauer in eine nachhaltige Wohnungsbaugesellschaft

Natürlich ist es erfreulich, wenn Projekte mit 100% sozial geförderten Mietwohnungsbau realisiert werden können – wenn dadurch aber in zehn Jahren nicht weiter gebaut werden kann, gelingt die Aufstellung der Wohnungsbaugesellschaft nicht nachhaltig. Deshalb wollen wir Prinzipien beschließen, nach denen wir den städtischen Wohnungsbau und unser Auftreten als Vermieter und Dienstleister festhalten. Auf diese Weise würden wir sowohl den sozialen Verpflichtungen einer solidarischen Gesellschaft gerecht, würden mit Blick auf den Klimawandel bei energetischen Aspekten Vorbild sein, könnten die Wohnungsbaugesellschaft als Stadtentwicklungsmotor für viele andere Bereiche der Bautätigkeiten in unserer Stadt aufstellen und sie langfristig erfolgreich aufstellen. Und es würde, denken wir, viele Landauerinnen und Landauer geben, die in eine solche Gesellschaft gerne ihr Geld investieren würden, wenn wir diese Möglichkeiten schaffen würden.

Lukas Hartmann


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