Wohnraum als sozialpolitische Pflicht

Noch am vergangenen Dienstag bat Herr Oberbürgermeister Schlimmer in der gemeinsamen Sitzung des Haupt- und Sozialausschusses zur Vorstellung der Zwischenergebnisse darum, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Sowohl Sozialdemokraten als auch Christdemokraten folgten diesem Rat nicht.

Die Zwischenergebnisse haben zum Großteil unsere Perspektive als Grüne bestätigt: Es fehlt an kleinen bis mittelgroßen Wohnungen, die Mietpreise sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen, die Bevölkerung wird weiter wachsen, wobei der demographische Wandel ebenso wie Zuzug z.B. aus Baden-Württemberg dazu beitragen werden, und viele öffentlich geförderte Wohnungen werden in den nächsten Jahren die Mietpreisbindung verlieren. Die Gesamtsituation auf dem Wohnraummarkt verschärft sich immer weiter und das trotz der erheblichen Bautätigkeiten. Doch je stärker sich die Situation verschärft, desto eher werden die Menschen mit geringem Einkommen wie Alleinerziehende, Rentner, Arbeitssuchende, Auszubildende und Studierende zu denen gehören, für die in dieser Stadt schlicht kein Platz mehr sein wird.

Um diesen Entwicklungen zu begegnen setzen wir Grünen, nicht nur aus ökologischen Gründen, auf die möglichst effiziente Nutzung der uns verbliebenen Flächen: Mehrfamilienhäuser, die leichter für ältere Menschen und Menschen mit Beeinträchtigungen barrierefrei gestaltet werden können, und Mietwohnraum, um dem immer weiter wachsenden finanziellen Druck bei den Mieten ein größeres Angebot entgegenzusetzen.

Nun reagiert die SPD auf einen noch nicht abschließend erforschten Punkt des Zwischenberichtes, nachdem ein Teil der Familien mit kleinen Kindern in den sich entwickelnden Speckgürtel der Dörfer um Landau herum ziehen. Die Kurzschlussinterpretation (auch der CDU, wie es schon in der Sitzung deutlich wurde) lautet, dass man dieser Abwanderung unbedingt mit Neubaugebieten für Einfamilienhäuser in den Stadtdörfern begegnen müsse, schließlich sei die Nachfrage genau hierfür vorhanden. Dabei wissen wir noch nicht, ob nicht möglicherweise einfach auch große, relativ günstige (Miet-)Wohnungen fehlen oder welche anderen Gründe für diese Abwanderung in Frage kommt, die wie dargestellt nicht für Familien mit älteren Kindern zutrifft. Ganz abgesehen davon, dass Landau bereits über einen sehr hohen Anteil an Ein- und Zweifamilienhäusern verfügt.

Über Flächenverbrauch als ökologisches Problem lässt sich viel sagen, aber selbst wenn man dieses Argument beiseitelässt, wie es CDU und SPD meistens tun, bleiben Einfamilienhaus-Neubaugebiete die schlechteste Möglichkeit die Bedürfnisse nach Wohnraum zu befriedigen. Sie sind energetisch ineffizient, lassen sich schwer barrierefrei bauen, verbrauchen schnell das wenig verbliebene Bauland, vermindern das Interesse an der Sanierung bestehender Gebäude in den Dorfkernen und sind deutlich teurer pro Wohneinheit.

Doris Braun: „Eine Wohnbaustrategie müsste über den Tag hinaus schauen und würde dann berücksichtigen, dass der Anstieg an über 65-jährigen und Hochaltrigen mit selbst bei vorsichtiger Rechnung mit 24 und 37 % Zunahme eine viel größere Herausforderung darstellt. Der demografische Wandel lässt sich durch noch so viel Bauland für junge Familien nicht aufhalten. Die geburtenstarken Jahrgänge der 60er Jahre haben ihre Familienphasen hinter sich. Damit könnten ältere Neubaugebiete wieder neu durchmischt werden, weil für die künftigen Senioren kleinere, pflegeleichte und Wohnungen in der Stadt attraktiver sind. Wir brauchen Wohnformen, die z.B. alten Menschen ermöglichen mit anderen in Verbünden und Nachbarschaften zu leben und sich hauswirtschaftliche und pflegerische Unterstützung zu teilen. Für Menschen mit geringem Einkommen braucht es nicht am Gewinn, sondern am Gemeinwohl orientierte Vermieter, wie es eben kommunale Wohnbaugesellschaften sein können. Der aufgeregte Schrei nach mehr Baugebieten ist viel zu kurz gedacht und wird weder den aktuellen, noch den zukünftigen Ansprüchen an Wohnraum gerecht.“

Lukas Hartmann: „Wer Einfamilienhaus-Neubaugebiete fordert, fördert damit eine kleine, wohlhabende Bevölkerungsschicht, die sich diese Wohnform leisten kann. Bei unseren begrenzten Ressourcen an öffentlichen Geldern und verfügbaren Flächen treten wir Grüne für diejenigen ein, die am stärksten auf Unterstützung angewiesen sind. Die brauchen möglichst günstige (Miet-)Wohnungen und so verstehen wir unsere sozialpolitische Pflicht gegenüber den unprivilegierten in unserer Gesellschaft. Die Baulandstrategie verfolgt ein anderes Ziel: Innenpotenziale für die übliche dörfliche Einfamilienhausbebauung zu erschließen, statt im Außenbereich Flächen zu verbrauchen und neue Infrastruktur unterhalten zu müssen. Als Kompromiss können wir diesem Weg folgen, um einige Bauplätze zur Verfügung zu stellen, solange die Prinzipien der Strategie nicht völlig verändert werden.“

Doris Braun und Lukas Hartmann

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