Anders parken in Landau

einheitlicher, fairer, verständlicher – vom 11. Juni 2021

Seit anderthalb Jahren darf ich Dezernent der Stadt Landau sein. Keine Aufgabe hat mich bisher so begeistert, keine hat mir so viel bedeutet. Immer mal wieder schreibe ich auf, was mich beschäftigt – wie wir das Parken besser organisieren zum Beispiel.

Stadt in einer ländlichen Region

Es gibt einen Satz, den sage ich auf beinahe jedem Termin zum Thema Verkehr: „Wir sind eine Stadt in einer ländlichen Region in der viele auf ein Auto angewiesen sind.“ Natürlich sage ich das auch, weil es Vorurteile gegen grüne Politik oder meine Person abbauen soll. Aber ich würde es nicht sagen, wenn ich es nicht glauben würde.

In Landau arbeiten 15.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von außerhalb der Stadt. Einige kommen mit dem ÖPNV, viele mit dem Rad. Aber die meisten kommen mit dem Auto und haben dazu keine praktikable Alternative. Zwar arbeiten wir an der Freiheit, nicht unbedingt auf ein Auto angewiesen zu sein, – ein neues Bussystem, der Ausbau und die Reaktivierung der Schienenstrecken, ein verbessertes Radwegenetz auch in den Landkreis hinein – aber auch das wird nur für einen Teil der Menschen praktikabel sein. Das Gleiche gilt für die 10.000 Menschen, die umgekehrt aus Landau ins Umland oder über den Rhein pendeln.

So soll das Parksystem zukünftig aussehen. Die Südstadt und einige mittelgroße Parkplätze sollen bewirtschaftet , Dauerparkticketpreise im gesamten Stadtgebiet gesenkt werden. Das schafft dann Gerechtigkeitsprobleme zwischen Innen- und Südstadt, die wir lösen wollen.

Südstadt

Die Südstadt erlebt die negative Seite dieser Motorisierung insbesondere beim Parken. Der Druck hat mit der Entwicklung des Wohnparks am Ebenberg und dem Beliebter Werden der Südstadt selbst erheblich zugenommen. Eine große Schule sowie eine wichtige Außenstelle der Universität im Westen, mehr Gewerbe im Osten und überall Anwohnende und Pendelnde. Das ganze Viertel ist zugeparkt, was auch negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit hat, wenn in Kreuzungsbereichen geparkt wird, beispielsweise.

Mehrere Fraktionen haben unterschiedliche Dezernenten in den vergangenen Jahren prüfen lassen, ob nicht die Einführung des Anwohnerparkens möglich sei. Mit diesem Instrument darf die Stadt maximal 50% des öffentlichen Parkraums für Anwohnerinnen und Anwohner reservieren. Außerdem darf bis heute in Rheinland-Pfalz nur eine Verwaltungsgebühr von maximal 30 Euro erhoben werden. In Landau verlangen wir 25 Euro. Beide Beträge decken nicht einmal die Verwaltungskosten. Auch deshalb gibt es rechtliche Hürden, die im Falle der Südstadt nicht überwunden werden können. Anwohnerparken ist also auch jetzt keine Option.

Mein Dezernat schlägt deshalb vor, stattdessen in der Südstadt eine Parkraumbewirtschaftung einzuführen und gleichzeitig die Ticketpreise für das Dauerparken drastisch zu senken. Wir gehen davon aus, dass dadurch manche Fahrzeuge, die wochenlang nicht bewegt werden, verschwinden. Andere werden Höfe, Garagen und Tiefgaragen wieder nutzen, um den Gebühren zu entgehen. Und so wird für die, die wirklich auf ihr Auto angewiesen sind und keinen privaten Stellplatz haben, mehr Platz geschaffen.

Aktuelles Parksystem: über Jahrzehnte gewachsen und wenig nachvollziehbar

Eine komplette Überarbeitung

Die Hoheit, die Parkgebührensatzung zu verändern, liegt beim Stadtrat, den ich um eine Novellierung der Gebührenstruktur bitte. Da das ein größeres Thema ist und die über viele Jahre gewachsene Struktur viele Unklarheiten und Fragwürdigkeiten enthält, wollen wir gleichzeitig noch einige andere Dinge anpassen.

Um es abzukürzen: Wir wollen sieben Quartiere mit drei Gebührenstrukturen schaffen: Ein Innenstadtquartier (orange; große Ringstraßen und alle darin befindlichen Straßen), fünf Stadtquartiere (blau; Süd, Ost, Nordost, Nord, West) und der Alte Meßplatz (grau).

In den Stadtquartieren wollen wir alle Ticketpreise senken. Das Tagesticket von 2,50 Euro pro Tag auf 2 Euro, das Kurzzeitparkticket von 2,5 Cent pro Minute auf 2 Cent. Wichtiger ist aber das Jahresticket. Das gibt es zukünftig für 150 Euro anstatt 410 Euro, also für umgerechnet 12,50 Euro im Monat oder 41 Cent am Tag. Zusätzlich führen wir Wochentickets für 7 Euro und 4-Monats-Tickets für 50 Euro ein. Anders als beim Anwohnerparken ermöglichen die Dauerparktickets nicht nur die Nutzung einiger, weniger Stellplätze, sondern des gesamten Viertels.

Auf dem Alten Meßplatz, auf dem wir im Juni 2021 100 zusätzliche Stellplätze einrichten und dort somit über 700 innenstadtnahe Parkmöglichkeiten haben, die laut Parkraumanalyse selten ausgelastet sind, soll das Dauerparkticket auch deutlich sinken. Statt 410 Euro pro Jahr werden es hier nun 240 Euro, oder 66 Cent pro Tag. So verfügen Pendlerinnen und Pendler um die Innenstadt herum und auf dem Alten Meßplatz über mehrere deutlich günstigere Möglichkeiten, ihre PKWs abzustellen.

Eine Frage der Gerechtigkeit

Aus dem beschriebenen Weg ergibt sich eine Frage der Gerechtigkeit. Allgemein anerkannt ist die Tatsache, dass die Parksituation in der Südstadt seit langem schwierig ist. Weil Anwohnerparken rechtlich unzulässig ist, führen wir eine Parkaumbewirtschaftung ein und senken die Dauerticketpreise. Doch ein Mensch mit Wohnsitz in der Südstadt (oder im Osten, Westen oder Norden) müsste für sein Dauerparkticket das Vielfache dessen zahlen, was ein Mensch mit Wohnsitz in der Innenstadt zahlt. Der kommt beim Anwohnerparken mit 2 Euro im Monat sehr günstig davon und ihm stehen außerdem knapp die Hälfte der öffentlichen Parkplätze exklusiv zur Verfügung. Wenn sich hier nichts ändert, wären die Konflikte zwischen unterschiedlichen Vierteln vorprogrammiert. Hier begann die Idee, das Anwohnerparken auslaufen zu lassen, und analog zu den übrigen Quartieren ein Dauerparkticket anzubieten.

An der Ausarbeitung beteiligt waren die Straßenverkehrsabteilung des Ordnungsamtes, die Mobilitätsabteilung des Bauamtes und die Wirtschaftsförderung der Stadt Landau. Auf dem Bild zu sehen sind neben Lukas Hartmann (GRÜNE) noch Herr Bernhard, stellvertretender Bauamtsleiter. Bildquelle: Stadt Landau

Handelsparken

So, wie viele Menschen auf ihr Auto zum Arbeiten angewiesen sind, kommen auch viele mit ihm in Landaus Innenstadt. Neben Bewohnerinnen und Bewohnern sind deshalb Gastronomie und Handel auf Parkmöglichkeiten angewiesen.

Ich halte es für einen Fehler, die komplexe Situation von Innenstädten auf den Punkt Parken zu reduzieren. Eine lebendige Fußgängerzone und angrenzende urbane Räume brauchen ein Zusammenspiel aus Handel, Gastronomie, Freizeitangeboten, Stadtgrün mit Erholungsfunktionen und einer für diese Nutzungen verträglichen Mobilität. Den Kampf gegen das Internet gewinnt man nicht mit mehr und billigen Parkplätzen (die es sowieso kaum geben kann), sondern mit Attraktivität.

Trotzdem braucht es eben auch Parkplätze. Hier sind die Verfügbarkeit und der Umschlag höher zu gewichten als der Preis (der sicherlich nicht egal ist).

Wir schlagen deshalb vor, im Bereich der Innenstadt das Handelsparken stärker zu fördern. Dazu gehört, das Dauerparken hier nicht so deutlich im Preis zu reduzieren, nur von 410 Euro pro Jahr auf 300 Euro. Dieses Dauerparken wollen wir dann auch nicht mehr auf den mittelgroßen Innenstadtparkplätzen wie Langstraße, Friedrich-Ebert-Straße und Weißquartierplatz ermöglichen. Stattdessen sollen diese als Handelsparkplätze nur für Tages- und Kurzzeitkunden zur Verfügung stehen, damit Besucherinnen und Besucher möglichst immer an zentralen Orten rund um die Innenstadt Parkraum zur Verfügung haben. Ortskundige Pendlerinnen und Anwohner können dagegen die dezentralen Möglichkeiten in den Straßenräumen und Gassen nutzen.

Was ist ein gerechter Preis fürs Parken?

Ein Parkplatz in der Landauer Innenstadt kostet die Stadt zirka 700 Euro pro Jahr. Selbst, wenn man die wiederkehrenden Beiträge der Bürgerinnen und Bürger herausrechnen würde, blieben gut 500 Euro übrig. Nicht nur sind das deutlich höhere Gebühren als wir aktuell verlangen, die 25 Euro fürs Anwohnerparken sind verkehrspolitisch wie ökonomisch nicht fair. Beispielsweise könnte jeder Mensch ohne Auto sagen, dass er mit seinen Beiträgen und Steuern die Parkmöglichkeiten für die relativ kleine Gruppe derjenigen bezahlt, die keinen privaten Stellplatz kaufen, bauen oder mieten. Siebzig Prozent aller Fahrzeughalter in Landau stellen ihr Auto ausschließlich privat ab.

Ein viel diskutierter Preis für den öffentlichen Personennahverkehr ist 1 Euro pro Tag also 365 Euro im Jahr. Diesen gibt es in Deutschland selten, meistens nur für einzelne Personengruppen. Real kosten verschiedene Dauertickets für „privilegierte“ Gruppen in der Metropolregion Rhein-Neckar und beim VRN 45 Euro im Monat, also 540 Euro im Jahr. Natürlich sind bei einem Auto noch andere Kosten zu betrachten, andererseits muss ein Paar oder eine Familie ja auch mehrere Jahrestickets für den ÖPNV erwerben, um ein Auto zu ersetzen.

Wenn man die zirka 15 m² Raum je Parkplatz als Veranstaltungsfläche oder als Wochenmarktstand bewerten würde, käme man auf Kosten von 15,00 Euro bzw. 1,74 Euro pro Tag. Also deutlich mehr als die von uns vorgeschlagenen 41 Cent in den Stadtquartieren oder die 82 Cent in der Innenstadt.

Wobei das alles verständlicherweise nichts daran ändern wird, dass sich Menschen daran stören werden, die bisher nur 7 Cent pro Tag gezahlt haben. Trotzdem ist für mich die Frage beantwortet, ob das gerecht ist allen anderen Nutzerinnen und Nutzern gegenüber, die genauso oder noch stärker auf ihr Auto angewiesen sind.

Das Anwohnerparken ist bisher in zwölf sehr kleinteilige Quartiere aufgeteilt. Teilweise enden Quartiere mitten in der Straße und ein Anwohnerparkausweis berechtigt auch nur für das Parken im eigenen Quartier. Das führt in der Praxis zu vielen Problemen.

Anwohnerparken hat und macht viele Probleme

Die Frage der Gerechtigkeit außenvorgelassen, und die Privilegierung auch, bleiben trotzdem beim Anwohnerparken viele Probleme. Und damit meine ich nicht in erster Linie den Missbrauch, wenn einzelne Menschen Bewohnerparkausweise beantragen, obwohl sie beispielsweise eine Tiefgarage oder einen Hof haben – was es leider gibt.

Es gibt in Landau bisher knapp 1050 innenstadtnahe Parkplätze, die ausschließlich Anwohnerinnen und Anwohnern vorbehalten sind. Dazu kommen 1800 bewirtschaftete Parkplätze. In der Westbahnstraße beispielsweise sind die nördlichen Parkplätze Anwohnerparkplätze, die südlichen für Gäste, Kunden und Pendler. Immer wieder steht eine Anwohnerin auf den südlichen Parkplätzen und bekommt dafür ein Knöllchen, und immer wieder steht eine Pendlerin auf einem nördlichen Parkplatz und bekommt ebenfalls ein Knöllchen, auch wenn sie auf der Südseite am Automaten ein Parkticket gelöst hat. Beide werden sich ärgern – und wahrscheinlich ist genau das in den vergangenen Jahren tausende Male passiert.

Oder nehmen wir die Kleinteiligkeit der Bewohnerparkquartiere. Insgesamt gibt es in Landaus Innenstadt und Osten zwölf solcher Quartiere. Teilweise gehören Nachbarhäuser in derselben Straße zu unterschiedlichen Parkquartieren. Das führt zu unterschiedlichen Parkplätzen, die sie nutzen dürfen. Und im Zweifel wieder zu Bußgeldern und Verwarnungen, weil den Übergang von einem Quartier zum anderen manchmal kein Mensch mehr nachvollziehen kann. Auch nicht mehr in der Stadtverwaltung. Zu viele Jahrzehnte ist dieses System Stück für Stück gewachsen.

Der Bund hat nach Jahrzehnten der Diskussion nun den Ländern erlaubt, eigene Anwohnerparkgebührenordnungen zu erlassen. Aber während Baden-Württemberg beispielsweise diese neue Möglichkeit schon umgesetzt hat, weiß zumindest ich noch nicht einmal davon, dass in Rheinland-Pfalz mit den Arbeiten begonnen wurde. In Städten wie Freiburg und Heidelberg werden nun Anwohnerparkplatzpreise für 360 Euro im Jahr diskutiert. Das würde die Ungerechtigkeit beim Preis anpacken, aber die anderen Probleme nicht lösen: Immer wieder Ärger oder die Ungleichbehandlung von Pendelnden mit Anwohnenden. Wobei natürlich auch unser Vorschlag seine Schattenseiten hat.

Sanftes Ende des Anwohnerparkens

Die größten Veränderungen gibt es für Anwohnerinnen und Anwohner der Innenstadt, die ein Auto aber keinen Stellplatz haben. Wir haben deshalb mehrere Mechanismen entwickelt, um das Ende des Anwohnerparkens möglichst sanft zu gestalten.

Jedem Menschen steht es frei, in einem anderen Parkquartier als dem eigenen ein Dauerparkticket zu erwerben. Ein Mensch also aus einem Stadtdorf oder dem Umland darf sich nun auch dasselbe Ticket kaufen wie Anwohnerinnen und Anwohner. Und die, die in der Innenstadt wohnen, können beispielsweise für den Westen oder Norden ein Ticket erwerben, die deutlich günstiger sind.

Kurzfristig senken wir die Preise für Tagestickets- und Kurzzeitparktickets im Norden, Osten, Süden und Westen der Stadt von 2,50 Euro pro Tag bzw. 2,5 Cent pro Minute. Dafür sollen ab 2023 diese Ticketvarianten in der Innenstadt und Alten Meßplatz zum ersten Mal seit 2012 steigen.

Da es trotzdem eine Umstellung ist, verlängern wir ohne Behördengang und zusätzliche Kosten die ausgestellten Anwohnerparkausweise um zwölf Monate. Wer dann ein Dauerparkticket erwirbt und seinen alten Anwohnerparkausweis mitbringt, erhält einmalig 50% Rabatt auf ein Dauerparkticket.

Einheitlicher, fairer, verständlicher

Die von uns geschaffenen Parkquartiere sind deutlich größer und gewähren Zugriff auf weit mehr Parkplätze als bisher. Dauerparktickets werden in der gesamten Stadt günstiger, bekommen aber einen Preis gemessen an ihrer Lage. Und wir behandeln Menschen unterschiedlicher Stadtteile ebenso gleich und damit fair wie Menschen aus dem Umland, die auf ihr Auto angewiesen sind. All das wird mehr Parkraum für Handel und Gastronomie in der Innenstadt zur Verfügung stellen.

Die vorgeschlagenen Änderungen sind weitreichend. Ich bleibe aber dabei: kein Problem der Welt wird gelöst, ohne dass man jemandem auf die Füße tritt. Wir werden hiervon profitieren – und von den ökologischen und klimapolitischen Vorteilen habe ich noch nicht einmal etwas erwähnt.

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