Die neue Innenstadtmobilität

Die größte Veränderung seit Einführung der Fußgängerzone

Seit dem 6. November 2019 darf ich zweiter hauptamtlicher Beigeordneter der Stadt Landau sein. Keine Aufgabe hat mich bisher so begeistert, keine hat mir so viel bedeutet. Immer mal wieder schreibe ich auf, was mich beschäftigt. Die Frage der Neuordnung unserer Innenstadtmobilität ist so ein Fall.

Zusammenfassung

Der Mobilitätsausschuss berät heute über das von meinem Dezernat in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister erarbeitete Konzept zur neuen Innenstadtmobilität. Grundlage ist der Koalitionsvertrag mit seinen Zielen, um die Fußgängerzone eine Fahrradzone zu schaffen sowie wichtige Ost-West- und Nord-Süd-Routen für Radfahrende zu öffnen. Wir gehen darüber aber noch hinaus, indem wir die Fußgängerzone einheitlich regeln, einen ticketfreien Altstadtshuttle einführen und die Ampelschaltungen (endlich) modernisieren. Die beiden zentralen Ziele dabei: Verkehrsprobleme lösen und Klimaschutz fördern.

Fußgängerzone

Landaus Fußgängerzone ist gepflastert, dementsprechend nicht barrierearm, gleichzeitig aber weitgehend freigegeben für den Radverkehr. Ausnahmen hiervon sind zwei zentrale Straßen, die Kron- und Gerberstraße im Herz unserer Fußgängerzone. In der übrigen Fußgängerzone hat man teilweise schon vor Jahren einige Streifen glattere Gehwege verlegt, um das Vorankommen insbesondere von Kinderwägen und Rollstühlen zu erleichtern. Genau diese Wege werden aber auch oft von Radfahrerinnen und Radfahrern genutzt, um schnell voranzukommen.

Bewegung in die Debatte brachte der Seniorenbeirat, der das Radfahren in der Fußgängerzone ganz abschaffen wollte. Die Begründung dafür rührt aus der „Bedrohung“ der Fußgängerinnen und Fußgänger durch Radfahrende. Nun ist diese Bedrohung eher eine gefühlte und meine Anschauung zeigt mir ebenso viele ältere Menschen, die in den für sie gesperrten Bereichen Radfahren oder konsequent auf dem glatten Pflaster unterwegs sein wollen, aber tatsächlich ist das Radfahren in der Fußgängerzone kein Idealzustand, sondern eine Ausweichbewegung.

Die neue Innenstadtmobilität versucht dieses Problem so anzugehen: Wir beenden die Zweiteilung der Fußgängerzone und schaffen eine einheitliche Regelung. Alle Straßen sind von abends 18:30 Uhr bis vormittags um 11 Uhr sowie sonntags ganztägig freigegeben für das Radfahren (übrigens: In Schrittgeschwindigkeit). Zwischen 11 Uhr und 18:30 Uhr zwischen Montag und Samstag muss das Rad geschoben werden.

Kartenausschnitt mit Neuregelung Reiterstraße
Neuregelung in der westlichen Reiterstraße

Radfahren

Im gleichen Atemzug werden wir unsere Maßnahmen für besseren Radverkehr um die Fußgängerzone herum zum tragen bringen. Die Königstraße – die zentrale Nord-Süd-Achse, die von der Nordausfahrt bis zum Aussichtsturm der Landesgartenschau im Süden das Mittelstück darstellt und bisher nur in eine Richtung befahren werden darf – wird nun im Frühling für den gegenläufigen Radverkehr geöffnet. Die Martin-Luther-Straße, die eine ebenso wichtige Funktion für die Ost-West-Achse (von der Kreisverwaltung/WoHö über Westbahnhof bis zum Hauptbahnhof) erfüllt, werden wir baulich vorziehen und im Anschluss für den gegenläufigen Radverkehr öffnen.

Hinzu kommen Maßnahmen in Vorbereitung für die Fahrradzone. Gerade Waffen- und Reiterstraße sind vom Ausweich- und Schleichverkehr belastet, der nicht Ziele in diesen Straßen ansteuert, sondern Ampeln und gut ausgebaute Hauptverkehrsachsen umgehen möchte. Diese Praxis beenden wir mit zwei Durchfahrtssperrungen für motorisierten Verkehr, die aber den Linienverkehr unserer Busse sowie den Radverkehr und Anliegerinnen und Anlieger weiter durchlassen. So hoffen wir nicht nur über 90% des Schleichverkehrs aus den Straßen zu holen, sondern auch die Verkehrssituation gerade an den Schulen und Fußgängerüberwegen des Obertorplatzes beruhigen zu können sowie die rechtliche Vorbedingung für Fahrradstraßen zu schaffen. Bisher ist es nämlich nötig, bereits ein Mehr an Radverkehr in den Straßen nachweisen zu müssen, um die Straßen als Fahrradstraßen ausweisen zu können.

Insgesamt schaffen wir so in König-, Martin-Luther-, Waffen- und Reiterstraße erhebliche Verbesserungen für den Radverkehr. Kleinere Maßnahmen für den südöstlichen Bereich zum Beispiel der Reiterstraße werden noch folgen. Was wir kurzfristig nicht hinbekommen haben ist die Lösung der Herausforderung in der Kramstraße, die wir eigentlich auch für den gegenläufigen Radverkehr öffnen wollen, was uns aber rechtlich bisher noch nicht gelungen ist.

Altstadtshuttle und Kompensation

Der öffentliche Raum als Ressource ist begrenzt wie jede andere. Bei Öffnungen bisheriger Einbahnstraßen für den Radverkehr entfällt in der Regel ein Parkstreifen, wenn es nur einen gibt entfällt folglich ein Großteil des dortigen Parkraums. Insgesamt sind es so einige dutzend Parkplätze bei den Maßnahmen zur neuen Innenstadtmobilität.

Route des Altstadtshuttles und dessen Haltestellen

Zusätzlich zu einem Dutzend Parkplätze an zwei Standorten (Weißquartierplatz und Am Großmarkt) sowie einem weiteren Dutzend in der Martin-Luther-Straße, erfolgt die Kompensation des entfallenden Parkraums über den neuen Altstadtshuttle. Dieser wird zukünftig vom Alten Messplatz, unserem zentralen, quasi nie ausgelasteten Parkplatz im Norden der Innenstadt, weitere Parkplätze entweder direkt oder fußläufig erreichbar anfahren und Nutzerinnen und Nutzer dann in die Königstraße bringen, die am stärksten betroffen ist von der Umverteilung von Parkraum zugunsten des Rad- und Fußverkehrs. In der Königstraße selbst richten wir auf Höhe der Queich, also zentral gelegen, eine weitere Haltestelle ein, sodass mit Synagogenmahnmal und Untertorplatz drei Haltestellen in unmittelbarer Nähe oder direkt in der Straße angefahren werden. Der Bus selbst verkehrt im zwanzig-Minuten-Takt, wobei wir hoffen die Bushaltestellen mit einem elektronischen Fahrgastinformationssystem ausstatten zu können, um die Taktzeit abseits der Hauptverkehrszeiten erheblich zu beschleunigen. Ticketlos wird er gerade deshalb sein, weil es unser Beitrag für die Geschäftswelt der Königstraße ist, Kundinnen und Kunden ohne Zusatzkosten für sie selbst in die Straße zu bringen.

Darüber hinaus verknüpft der Altstadtshuttle zwei zusätzliche Knotenpunkte des zukünftigen Stadtbussystems (Nord und Süd) miteinander und ermöglicht es Studierenden zügiger von Campus zu Xylanderstraße oder auch Bürgerstraße zu pendeln.

Entschiedene Verkehrs- und Klimaschutzpolitik

Wir wissen, dass der Verkehrssektor immer noch steigende CO2-Ausstöße vermeldet. Die Landauer Klimakoalition hat sich deshalb von Anfang an klargemacht, dass es ein Einhalten unserer kommunalen Klimaschutzziele nicht ohne ein Gegensteuern im Feld der Verkehrspolitik geben kann, was uns alle gemeinsam vor Herausforderungen stellt.

Sperrung der Waffenstraße für den KfZ-Verkehr (frei für Anlieger-, Rad-, Linien- und Lieferverkehr)

Wir stellen gemeinsam – vielleicht liebgewonnene, vielleicht bequeme – Gewohnheiten in Frage, machen zwei Schritte in einem Jahr, wo man früher in zwei Jahren einen gemacht hat. Aber wir legen durch die Verantwortungsbereitschaft unterschiedlicher Parteien ein stimmiges Gesamtkonzept vor, das sich ernsthaft an die Lösung von Problemen macht. Dazu war die Bereitschaft unterschiedlicher Partner in verschiedenen Feldern nötig, sich zu bewegen.

Meine Grünen waren bereit, einen Schritt zu gehen und eine einheitliche Regelung für die Fußgängerzone zu billigen, die wir weder im Programm noch im Koalitionsvertrag stehen hatten. Gleichzeitig ist die Aufgabe von Parkraum für den motorisierten Individualverkehr für die CDU-Fraktion schwierig. Deren Oberbürgermeister hatte mit der Idee des Altstadtshuttles aber eine Lösung entdeckt, die dem Geist und den Zielen der Koalition entspricht, die in einer ländlichen Region die Lebensrealität der Menschen, die wirklich auf ein Auto angewiesen sind, mitdenkt und dafür Lösungen findet, die vereinbar sind mit unseren Klimaschutzbemühungen. Auch die Liberalen tragen dieses Konzept mit – gerade mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen für den Einzelhandel durch die Internetkonkurrenz und wir konnten auch Teile der SPD-Vorschläge einbauen. Es ist oft genug dieser Pragmatismus und diese Kompromissbereitschaft, die Kommunalpolitik so erfolgreich machen bei der Lösung von Problemen.

Lukas Hartmann

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